Verband Jüdischer Studierender hat in Göttingen 30 Mitglieder
Hochschulgruppe: Werbung für „Vielfalt“
Von Michael Caspar © 01.15.2022 HNA -- mit Genehmigung

Die jüdische Hochschulgruppe steht religösen, aber auch säkularen Menschen offen: Sprecher Jannes Walter in der Synagoge an der Roten Straße. Foto: Michael Caspar
Koscher grillen, Parties feiern und der Öffentlichkeit die Vielfältigkeit jüdischen Lebens in Deutschland zeigen: Das möchte die Göttinger Hochschulgruppe des Verbands Jüdischer Studierender Nord.
Göttingen - „Wie unterschiedlich jüdische Traditionen gepflegt werden, überrascht uns selbst in unserer Gruppe“, berichtet Jannes Walter (21). Viele der insgesamt 30 Mitglieder hätten ihre Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion. Daneben gäbe es Israelis, aber auch jüdische Menschen aus den USA und Großbritannien, aus Frankreich oder Aserbaidschan.
„Auch hinsichtlich der religiösen Praxis gibt es Unterschiede“, betont der Jura-Student. Einige ständen dem progressiven, dem konservativen oder dem orthodoxen Judentum nahe. Andere verbänden in ihrem Glaubensleben die verschiedenen Richtungen miteinander. Manche fühlten sich aufgrund ihrer sexuellen Identität oder ihrer Hautfarbe in organisierten Gemeinden unwohl. Den Säkularen sei weniger die Religion, als vielmehr die jüdische Kultur wichtig.
„Diese Vielfalt spiegelt sich auch darin, dass es neben den 100.000 Mitgliedern jüdischer Gemeinden in Deutschland mindestens noch einmals soviele religiös nicht organisierte jüdische Menschen gibt“, sagt der 21-Jährige. Nirgendwo sonst auf der Welt wachse die jüdische Gemeinschaft so schnell wie in Deutschland sei wegen seiner vergleichsweise geringen Lebenshaltungskosten, der niedrigen Studiengebühren und der guten Arbeitsperspektiven beliebt. Die Synagogen profitierten aber kaum davon.
Jüdisches Leben in Deutschland
„In unserer unabhängigen Hochschulgruppe, die es seit 2019 gibt, sind alle jüdischen Studierenden sowie junge Berufstätige willkommen“, stellt angehende Jurist klar. Die Gruppe biete einen „geschützten Raum“ des gegenseitigen Kennenlernens und des Austauschs. Dort müssten sich jüdische Menschen nicht ständig erklären. Die Gruppe wolle sich aber auch in der Öffentlichkeit „selbstbewusst“ zu Wort melden. Bereits zweimal hätten sie eine Jüdische Campus-Woche veranstaltet, mit einem Infostand Präsenz gezeigt. Beide Male seien sie auch mit anderen jüdischen Studierenden ins Gespräch gekommen, die noch nichts vom Verband gewusst hätten.
„Wir haben im vergangenen Jahr zusammen mit Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums die Gedenkstunde zur Reichspogromnacht am Mahnmal vorbereitet“, erzählt der Student. Mit den Jugendorganisationen von CDU, Grünen und Linken seien gemeinsame Workshops ausgerichtet worden. „Einige von uns engagieren uns engagieren sich an der Uni im interreligiösen Dialog“, sagt Walter. Es gebe gute Kontakte zur muslismischen Hochschulgruppe.
„Bis zu 300 Personen“, so der Student, seien zu den Parties gekommen, die sie zu jüdischen Feiertagen wie dem Lichterfest Chanukka und dem feuchtfröhlichen Purimfest im koscheren Bistro Löwenstein an der Roten Straße organisiert hätten. Zum Teil besuchten sie gemeinsam Gottesdienste in den beiden jüdischen Synagogen der Stadt – der progressiven Gemeinde an der Angerstraße und der konservativen Masorti-Gemeinde an der Roten Straße.
(Michael Caspar)